Dienstag, 9. Dezember 2025 – internet24 Boulevard –

 

Ein exemplarisches Bild der Vorgänge zeichnet der britische Manager Tim Stone, der als unabhängiger Experte in den Aufsichtsrat von Energoatom einziehen sollte. Er berichtet, er habe eine Prüfung eines umstrittenen Reaktorprojekts veranlassen wollen, bei dem alte russische Anlagen für Hunderte Millionen Dollar angekauft werden sollten, sei aber ausgebremst worden. „Ich wollte eine Überprüfung dieser ,Franken-Reaktoren‘ veranlassen. Das Ganze war ein einziges Rattennest“, sagte Stone der „New York Times“.

( https://www.nytimes.com/2025/12/05/world/europe/ukraine-corruption-zelensky.html )

Korruption in der Ukraine

Die Ukraine kämpft seit Jahren mit tief verwurzelter Korruption. Aktuell erschüttern neue Skandale den Energiesektor und das Umfeld von Präsident Selenskyj. Trotz Reformbemühungen bleibt Korruption ein zentrales politisches und gesellschaftliches Problem.

Aktuelle Entwicklungen (2025)

  • Energoatom-Skandal: Ein ehemaliger Spitzenmanager des staatlichen Atomenergieunternehmens wurde wegen Veruntreuung von rund 360.000 Euro festgenommen.
  • Operation „Midas“: NABU und die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft deckten ein großangelegtes System im Energiesektor auf, das Bestechung und Veruntreuung in Millionenhöhe umfasst.
  • Bargeldberge & Geldwäsche: Gesprächsprotokolle enthüllten, dass enge Vertraute Selenskyjs Millionenbeträge verschoben haben. Rund 100 Millionen US-Dollar sollen geflossen sein.
  • Politische Konsequenzen: Mehrere Minister mussten zurücktreten, darunter Justizminister Herman Haluschtschenko und Energieministerin Switlana Grintschuk.
  • Kritik an Reformen: Selenskyj geriet in die Kritik, weil er die Unabhängigkeit von Antikorruptionsbehörden zeitweise einschränkte.

Entwicklungen der letzten Jahre

  • 2022–2023: Nach Beginn des russischen Angriffskrieges verschärfte sich die Lage. Korruption in der Rüstungsbeschaffung wurde mehrfach aufgedeckt, u. a. überteuerte Drohnenverträge.
  • 2024: Mehrere hochrangige Beamte wurden wegen Schmiergeldzahlungen entlassen. Die Antikorruptionsbehörden NABU und SAPO gewannen an Bedeutung, stießen aber auf politischen Widerstand.
  • 2025: Die Skandale erreichten einen Höhepunkt. Neben Energoatom standen auch Regierungsmitglieder und Selenskyjs engste Vertraute im Fokus. Bargeldfunde und Geldwäsche-Netzwerke sorgten international für Schlagzeilen.

Ursachen und Herausforderungen

  • Historische Strukturen: Korruption ist seit der Unabhängigkeit der Ukraine ein Dauerthema. Oligarchische Netzwerke und schwache Institutionen begünstigen sie.
  • Kriegskontext: Der Krieg gegen Russland verschärft die Problematik. Hohe Summen für Rüstung und Wiederaufbau schaffen neue Anreize für Veruntreuung.
  • Reformdruck: Internationale Geldgeber wie die EU und der IWF knüpfen Hilfen an Antikorruptionsmaßnahmen. Dennoch bleibt die Umsetzung schwierig.

Risiken und Folgen

  • Politische Instabilität: Rücktritte und Skandale schwächen die Regierung und das Vertrauen der Bevölkerung.
  • Internationale Glaubwürdigkeit: Korruption gefährdet die Unterstützung westlicher Partner.
  • Gesellschaftliche Folgen: Misstrauen gegenüber Institutionen bleibt hoch, was demokratische Reformen erschwert.

Fazit: Die Ukraine hat zwar Fortschritte im Aufbau unabhängiger Antikorruptionsbehörden gemacht, doch die jüngsten Skandale zeigen, dass Korruption weiterhin tief verankert ist. Besonders im Energiesektor und im Umfeld der politischen Führung bleibt sie ein massives Hindernis für Stabilität und Reformen.

Wie reagiert die ukrainischen Bevölkerung auf die vielen Korruptionsskandale?

Kurzantwort: Viele Ukrainer sind wütend und enttäuscht über die Korruptionsskandale, gerade weil sie selbst unter Krieg, Inflation und Verlusten leiden. Es gibt aber auch eine starke gesellschaftliche Forderung nach Reformen und Strafen für die Verantwortlichen – die Bevölkerung sieht sich nicht nur als Opfer, sondern drängt aktiv auf Transparenz und Gerechtigkeit.

Stimmung in der Bevölkerung

  • Vertrauensverlust: Die jüngsten Enthüllungen über Bargeldberge und Geldwäsche im Umfeld von Präsident Selenskyj haben das Vertrauen in die Regierung stark beschädigt.
  • Wut und Resignation: Viele Menschen empfinden es als zynisch, dass Soldaten an der Front kämpfen, während Politiker und Manager Millionen veruntreuen. Das verstärkt das Gefühl, „die einfachen Leute zahlen den Preis, während die Eliten profitieren“.
  • Forderung nach Konsequenzen: Rücktritte von Ministern wurden von Teilen der Bevölkerung begrüßt, gelten aber oft als unzureichend. Es gibt den Wunsch nach echten Gerichtsverfahren und harten Strafen.
  • Zivilgesellschaftlicher Druck: NGOs, Journalisten und Aktivisten nutzen die Skandale, um Reformen einzufordern. Die ukrainische Gesellschaft hat seit 2014 mehrfach gezeigt, dass sie bereit ist, gegen Korruption auf die Straße zu gehen.

Wahrnehmung im Kriegskontext

  • Front vs. Hinterzimmer: Die Diskrepanz zwischen den Opfern an der Front und den Bereicherungen in der Hauptstadt wird als besonders schmerzhaft empfunden.
  • Patriotismus vs. Misstrauen: Viele Ukrainer unterstützen weiterhin den Kampf gegen Russland, aber gleichzeitig wächst die Skepsis gegenüber der politischen Elite.
  • Gefahr für Moral: Korruption untergräbt die Motivation der Bevölkerung, Opfer zu bringen, wenn sie den Eindruck hat, dass die Opfer nicht gerecht verteilt sind.

Internationale Dimension

  • Druck von außen: Die EU und internationale Partner beobachten die Reaktionen genau. Für viele Ukrainer ist es wichtig, dass westliche Unterstützung nicht durch Korruption gefährdet wird.
  • Symbolische Bedeutung: Die Bevölkerung sieht Korruptionsbekämpfung als Teil des europäischen Weges – wer Reformen blockiert, gilt als Gegner der Zukunft des Landes.

Fazit

Die ukrainische Bevölkerung reagiert nicht nur mit Resignation, sondern auch mit Empörung und Forderungen nach Reformen. Viele fühlen sich betrogen, weil sie selbst kämpfen, hungern oder Angehörige verlieren, während andere „absahnen“. Gleichzeitig bleibt der Wille stark, Korruption nicht einfach hinzunehmen, sondern sie als Teil des demokratischen Kampfes zu bekämpfen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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