Dienstag, 14. Oktober 2025 – internet24 Boulevard –

Deutschland muss wieder kriegstüchtig werden?

unbekannter Minister unter der Fritzeära –

 

Deutschland war nicht mehr jung. Es war nicht einmal mehr alt im herkömmlichen Sinne. Es war ein Zustand, ein Aggregat aus Erinnerungen, aus Formularen, aus Warteschlangen. Die Menschen bewegten sich langsam, nicht aus Müdigkeit, sondern aus Gewohnheit. Die Zeit war ein Beamter geworden, der Akten sortierte, aber nie entschied.

In einem Ministerium, dessen Fenster nie geöffnet wurden, saßen Männer und Frauen mit grauen Augen und diskutierten über Krieg. Nicht aus Lust am Konflikt, sondern aus Notwendigkeit. Der Krieg war eine Excel-Tabelle, eine Spalte mit dem Titel „Wachstum“. Doch die Soldaten fehlten. Die Jugend war verschwunden – ausgewandert, abgewartet, abgenutzt.

Da kam der Vorschlag: Man müsse Menschen importieren. Nicht als Bürger, sondern als Funktion. Die „Honigstrategie“ wurde geboren. Ein Programm, das in seiner Struktur so undurchsichtig war, dass selbst die Verantwortlichen nicht wussten, ob es bereits lief oder noch genehmigt werden musste. Es war ein System aus Versprechen, aus Broschüren, aus lächelnden Avataren, die in 47 Sprachen sagten: „Willkommen in Deutschland – hier ist alles geregelt.“

Die Ankommenden wurden nicht empfangen, sondern erfasst. Ihre Namen wurden zu Nummern, ihre Träume zu Datenpunkten. Sie erhielten Honig – ein Glas, etikettiert mit dem Bundesadler, als Symbol für Süße und Pflicht. Dann begann die Schulung. Nicht laut, nicht brutal. Sie war leise, effizient, algorithmisch. Man lernte, wie man Drohnen steuert, wie man Befehle ausführt, die nicht ausgesprochen werden, sondern gedacht.

 

 

Die Alten – jene, die einst Gedichte lasen und nun Gedächtnisprotokolle diktierten – wurden zu Kommandanten. In Pflegeheimen, deren Flure nach Desinfektionsmittel rochen, saßen sie in Sesseln mit Sensoren und lenkten Kriege, die sie nie sahen. Ihre Gedanken wurden zu Befehlen, ihre Erinnerungen zu Strategien. Sie kämpften nicht für ein Land, sondern gegen das Vergessen.

Die Honigarmee war geboren. Sie war effizient, multilingual, steuerlich absetzbar. Sie kämpfte in Zonen, die auf Karten nicht verzeichnet waren. Sie gewann Schlachten, die niemand verstand. Und sie wurde zur Marke. Es gab Werbespots, in denen Senioren mit VR-Brillen lächelten, während junge Körper marschierten. Es gab Podcasts mit Titeln wie „Krieg & Pflege – Zwischen Front und Frühstücksbrettchen“.

 

 

 

Volkswirtschaftlich war alles ein Erfolg:

  • Die Rentenkassen wurden stabilisiert durch die Arbeit derer, die nie Rente erhalten würden.
  • Die Technologie, entwickelt für den Krieg, fand ihren Weg in die Pflege – Roboter, die Tee servierten, Drohnen, die Medikamente verteilten.
  • Deutschland wurde zum Exporteur von Ordnung im Chaos, zum Anbieter von Kriegsführung mit menschlichem Antlitz.

Doch in einem Archiv, tief unter dem Bundesamt für Zukunftsfragen, lag ein Dokument. Es war vergilbt, unvollständig, mit einem Stempel, der nie ganz trocknete. Es trug den Titel: „Antrag auf Rückgabe der Menschlichkeit“. Niemand wusste, wer es verfasst hatte. Niemand wagte, es zu bearbeiten. Es wanderte von Schreibtisch zu Schreibtisch, begleitet von Schweigen.

Und so lebte Deutschland weiter. Nicht als Land, sondern als System. Nicht als Gemeinschaft, sondern als Prozess. Der Honig wurde verteilt, die Körper bewegt, die Gedanken gelenkt. Und irgendwo, in einem Pflegeheim, dachte ein alter Mann: „Ich glaube, ich habe gewonnen.“ Doch niemand hörte ihn. Denn das Mikrofon war deaktiviert – warum auch immer …

 

 

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